Originally shared by Holger Koepke (Reizzentrum)
"Man müsse sich das so vorstellen, sagt einer von ihnen: Wenn das Gremium über eine strategische Frage zur Zukunft der Bank abstimme, dann denke in dem Moment niemand an die Zukunft der Bank. Man denke an die eigene Zukunft, die eigene Macht. Und an die Macht eines anderen Vorstandsmitglieds, die es zu beschneiden gelte. Dann hebe man die Hand, obwohl man eigentlich gegen die Entscheidung sei – wohl wissend, dass ein Konkurrent durch diese Entscheidung Probleme bekomme. Oder weil man damit eine vorübergehende Allianz mit einem anderen Vorstandsmitglied eingehe.
"Jeder baute gegenüber jedem ein Soll und Haben auf", sagt ein Ehemaliger. "Wenn man eine Sache zur Herzensangelegenheit erklärt hat, dann hat der Kollege, der eigentlich dagegen war, sich der Stimme enthalten. Herzensangelegenheit, das war der Joker. Und es war klar, dass man sich dann eben bei einer anderen Sache ebenfalls enthalten musste – auch wenn man eigentlich dagegen war."
Ein anderer erzählt: "Ich habe damals angefangen, alles zu notieren und Dokumente zu sammeln, zur eigenen Absicherung. Am Anfang ist das eine völlig neue Erfahrung. Und dann merkt man: Das machen wohl alle so."
Aber wenn das alle so machen, so muss es einem Vorstandsmitglied durch den Kopf gehen, welche Dokumente haben dann die anderen gegen mich in der Hand, um mir zu schaden? Und wenn sie Papiere sammeln gegen mich, wozu sind sie dann noch imstande?
Es gibt einen früheren Vorstand, der in seiner Privatvilla die Telefonanlage herausreißen ließ, im festen Glauben, er werde abgehört. Ein anderer früherer Vorstand hat seine bankinternen Dokumente bei drei Anwälten in drei verschiedenen Tresoren deponiert.
In gewisser Weise funktioniert die Deutsche Bank wie ein Orden. Jeder hält jeden in Schach. Ein fein ausgeklügeltes System von Privilegien, Sanktionen und Einschüchterung erstickt jede Kritik. Wer von illegalen Vorgängen in der Bank weiß, der kann das der Öffentlichkeit nicht mitteilen. Denn selbst wenn die Aussagen juristisch wasserdicht wären, selbst wenn die Vorwürfe mit Dokumenten zu belegen wären – die Bank könnte den Verräter mit Regressforderungen wegen Geheimnisverrats oder angeblicher Rufschädigung finanziell vernichten. "Man weiß: Wenn man in den Vorstand eintritt, kommt man nicht mehr unschuldig heraus", sagt einer der Ehemaligen. "Es ist ein Deal auf Lebenszeit.""
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