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Antisemitismus und Israelkritik - Die Mechanismen sind dieselben

https://causa.tagesspiegel.de/gesellschaft/wie-umgehen-mit-antisemitimus/die-mechanismen-sind-dieselben.html
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12 Kommentare:

Thomas Mertens hat gesagt…

Ich gehe mit der Politik von Netanjahu und seiner Regierung auch nicht konform, empfinde aber viel von der sogenannten Israelkritik auch von sogenannten Linken als durchaus antisemitisch.

Ole Heide hat gesagt…

Ich stimme euch beiden zu, aber Frau Kahana verdammt gerne jede Kritik an Israels Politik als antisemitisch. Ich finde sie macht dabei den Fehler, den sie anderen vorwirft.

Ich muss die Besetzung Palästinas und die Besatzungspolitik kritisieren dürfen ohne als Verteidiger von Terroranschlägen gegen Zivilisten dargestellt zu werden. Die Politik vieler palästinensischer Gruppen kritisiere ich genauso wie ich die Politik Israels kritisiere.

Thomas Mertens hat gesagt…

Frau Kahane neigt zur Überstrapazierung, aber die von ihr dargestellten Mechanismen halte ich für durchaus nachvollziehbar.

Alexander Vollmer hat gesagt…

Kann mir jemand ein Beispiel von "Israel-Kritik" nennen, in dem "der Staat Israel" kritisiert wird und nicht die Politik der Regierung Netanjahu.

Außerdem sind viele Bürger Israels keine Juden, andere Israelis sind keine Semiten, nicht alle Juden sind Semiten, …

Auch hier wird wieder verquirlt was nicht zusammengehört.

- "Semiten" sind eine Gruppe definiert über die Sprache, nicht über Ethnie oder Religion oder sonstwas.
- "Juden" sind Angehörige einer Religion, unabhängig von Sprache, Ethnie oder Herkunft.
- Rassen gibt es beim Menschen nicht, das sollte seit der Diskussion zu Herders Zeiten bekannt sein.
- Rassismus ist eine wahnhafte Form der Xenophobie, bei der die Betroffenen an die Existenz von Rassen beim Menschen glauben. So wie andere an die flache Erde oder die Hohlwelt. Oft sind es die selben Leute.
- Israel ist ein Staat in dem es Menschen vieler Religionen, Ethnie und Schuhgrößen gibt.

Genauso wie klar ist, dass wenn jemand sagt, dass die deutsche Politik scheiße ist, er dann Merkel&Gabriel meint und nicht die deutsche Bevölkerung, genauso ist klar, dass jemand im Kontext Israel die Deppentruppe von Bibi meint.

Und das Israel mehr Probleme hat als andere Länder ist ja gerade die Ursache, dass man Netanjahu kritisiert, denn der macht genauso wie Trump die Probleme größer, nicht kleiner. Wenn Netanjahu für die Ein-Staat-Lösung ist, dann muss er den Palästinensern überall auf der Welt das israelische Wahlrecht einräumen und eine Gesamtisraelische Regierung wählen lassen. Wenn nicht, dann soll er Ost-Jerusalem als Hauptstadt Palästinas anerkennen und sich mit der Fatah einigen auf einen Grenzverlauf. Aber wasch mich und mach mir den Pelz nicht nass, das ist kritikwürdig.

Dorian Hunter hat gesagt…

Zu diesem Thema (Antisemitismus) empfehle ich immer noch Henryk M. Broders Buch "Der Ewige Antisemit", das Beste was ich bisher zum modernen Antisemitismus gelesen habe. Es ist ein Werk aus den 80ern, als Broder noch offen und kritikfähig war, was heute leider nur noch bedingt der Fall ist. Das Buch hat so richtig sarkastische (und deshalb geniale, imo) Kapitelüberschriften wie "Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeien", "Antisemitismus ist, wenn man die Juden noch weniger leiden kann als es an sich natürlich ist" , "Der Boden der deutschen Geschichte reicht bis Palästina" oder "Die Macht der Juden, oder Wann stirbt diese kriminelle Vereinigung endlich aus"
Leider stimmt es, dass manche sogenannte "Israelkritik" aus antisemitischer Haltung entspringt und eben nicht aus Sorge um falsche israelische Politik. Und manchmal ist das gar nicht so einfach zu erkennen. Es bleibt ein schwieriges Thema.
Ich persönlich bin der Meinung, dass man diejenigen, die davon betroffen sind, nämlich die Juden, entscheiden lassen muss, wie sie Antisemitismus definieren. So wie (z.B.) Frauen auch definieren müssen, was für sie sexuelle Belästigung ist.

Thomas Mertens hat gesagt…

Sorry, aber bei Broder bin ich auch raus.

Dorian Hunter hat gesagt…

Ok, ich kann das durchaus nachvollziehen angesichts Broders heutiger oft verqueren Ansichten. Aber er war schon immer ein brillanter Kopf, und er kann ausgezeichnet mit Worten umgehen. Damals war er auch noch selbstkritisch und selbstironisch. Der letzte Satz des Buches ist "Mag sein, dass ich paranoid bin. Sie können trotzdem hinter mir her sein" ...

Alexander Vollmer hat gesagt…

Ich lese auch keine Bücher von Rassisten.

Dorian Hunter , mit dem Ansatz entziehst du aber Ration und Wissenschaft ihre Berechtigung, Ebenso der Objektivierbarkeit von Sachverhalten.

Ob etwas sexuell ist, liegt nicht im Ermessen des Betrachters oder Betroffenen. Und auch für die Belästigung gibt es klare Kriterien über die keiner der Beteiligten entscheidet. Es muss ein kausaler Zusammenhang existieren und derjenige, der sich belästigt fühlt muss der Adressat sein.

Wenn ich mich vors Einkaufszentrum tell und "Arschloch" brülle, dann können mich auch nicht alle in Hörweite wegen Beleidigung anzeigen.

Und genauso wenig obliegt es den Juden "Anti-Semitismus" zu definieren. Dafür gibt es den wissenschaftlichen Diskurs.

Im Gegenteil, der Umstand, dass sie sich als Adressaten und damit als Opfer sehen, macht sie befangen und disqualifiziert sie zu urteilen. Noch schlimmer, indem sie sich "diesen Schuh anziehen" rechtfertigen und bestätigen sie das rassistische Narrativ es gäbe eine "jüdische Rasse". Es gibt genauso wenig eine "jüdische Rasse!" wie es eine "muslimische Rasse" oder eine "scientologische Rasse" gibt.

Es gibt Anti-Semitismus, es gibt Rassismus, aber die Opfer sind Menschen. Deshalb definiert er sich nicht vom Opfer her, quasi das Opfer ist dieser oder jener, dann ist es Anti-Semitismus. Nein, es definiert sich über den Täter und die Tat. Und dafür gibt es klare Kriterien.

Und genauso wie sich nicht jede anti-semitische Äußerung oder Tat gegen Israel richtet, ist nicht jede gegen Israel gerichtete Äußerung oder Tat anti-semitisch.

Und wenn jemand versucht es über die Ethnie zu definieren, dann sollte ihm bewusst sein, dass ethnisch die Palästinenser ein semitisches Volk sind und viele Israelis als ethnische Herkunft "Deutsche" haben.

Alexander Vollmer hat gesagt…

Können wir uns darauf einigen, dass es anti-israelische, anti-semitische und anti-Likud-Block Israelkritik gibt.

Dass der Ansatz jegliche Israelkritik pauschal als anti-semitisch abzuqualifizieren genauso falsch ist, wie alle Israelis zu Juden zu erklären oder alle Israelis pauschal für die Politik Netanjahus verantwortlich zu machen.

Und gerade jüdischen Deutschen sollte bewusst sein, dass man genauso nicht alle Deutschen für Hitler verantwortlich machen kann.

Immer wenn jemand sagt, es ist falsch zu differenzieren, dann ist das falsch. Naja, fast immer. Denn das ist ein Kausalzusammenhang, bei dem muss man ebenso differenzieren.

Weil … Logik.

Dorian Hunter hat gesagt…

Alexander Vollmer Da es beim Antisemitismus aka Judenhass immer auch und vornehmlich um menschliche Gefühle geht, kommt man mit Logik meist nicht sehr weit. Ich gebe dir recht darin, dass man natürlich immer differenzieren sollte. Aber die Kriterien sind nicht so einfach abzustecken wie du es darstellst. Ich finde, wir müssen einfach akzeptieren, dass es eben keine klaren Kriterien gibt. Es geht um alte und sehr tiefe Wunden, die sich nicht einfach durch spitzfindige Wortklaubereien wegdiskutieren lassen. Es bleibt auf jeden Fall schwierig....und wir sollten alle achtsam und wachsam sein.

Alexander Vollmer hat gesagt…

Dorian Hunter , da gebe ich dir recht. Aber nicht alles was als anti-semitisch empfunden wird, verdient dieses Etikett.

Und das Schlimme ist, mit dieser Verletzlichkeit operiert Netanjahu, bügelt Kritik aus dem Ausland ab und disqualifiziert palästinensische Ansprüche. Ohne Unterschiede. Und es gibt viele, die ihm darin folgen ohne seine politische Ideologie zu teilen.

Selbstverständlich ist jemand, der hinter der Regierung Netanjahu eine jüdische Weltverschwörung sieht und alle Juden als Verderber des palästinensichen Volkes sieht ein Anti-Semit. Was auch sonst?

Selbstverständlich ist aber auch, dass Netanjahu kritisiert werden muss, weil seine Vorgehensweise gegen internationales Recht, UN-Resolutionen und die Zusagen seiner Regierung selbst und deren Vorgänger verstößt. Egal welche Probleme Israel hat, es rechtfertigt keine Verstöße gegen Rechtsstaatsprinzipien, Menschenrechte und internationales Recht.

Und Israel kann seine Probleme auch ohne Verzicht auf diese Grundsätze lösen. Vermutlich sogar nachhaltiger. Dazu bräuchte Israel aber eine andere Regierung.

Aber solange Bibi regiert und argumentiert wie der Höcke oder der Sarrazin, muss er sich gefallen lassen, dass er die gleiche Kritik bekommt.

Dorian Hunter hat gesagt…

Alexander Vollmer 100% Zustimmung von mir in diesen Belangen. Die israelische Politik hat einen Rechtsruck vollzogen, sogar schon bevor er in Europa oder Amerika angekommen war. Nur nannte man das natürlich nicht so...ugh. Leider gibt es auch jüdische Rassisten, die man auch klar so benennen muss.
Dennoch sollten wir als Deutsche immer sehr überlegt reden und handeln in Sachen Israel. Das sind wir den vielen Toten schuldig. Also ich empfinde es so.

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