Brüder im Geiste :(

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Neue Rechte in Deutschland

"Islamismus gilt als heroische Kriegerkultur"

AfD, Pegida und sonstige rechte Strömungen sind sein Spezialgebiet: Der Historiker Volker Weiß seziert die Selbstinszenierung der Neuen Rechten, ihre Idee vom "Ethnopluralismus" und analysiert, was genau Neo-Nazis am Islam schätzen.

Ich weiß, es ist Plus, aber es gibt ja Mittel und Wege.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/volker-weiss-der-islamismus-gilt-der-neuen-rechten-als-heroische-kriegerkultur-interview-a-1139622.html
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/volker-weiss-der-islamismus-gilt-der-neuen-rechten-als-heroische-kriegerkultur-interview-a-1139622.html

5 Kommentare:

Asoziales Netzwerk - Sektion Mittelrhein hat gesagt…

Volker Weiß, Jahrgang 1972, ist Historiker. Er schreibt regelmäßig für die "Zeit" und "Jungle World" über die extreme Rechte.

SPIEGEL ONLINE: Mit der "Jungen Freiheit" und dem Verleger Götz Kubitschek, der in Schnellroda einen rechten Think Tank unterhält, gerät neben der AfD verstärkt auch die intellektuelle Fraktion der Neuen Rechten in den Blick, die sich selbst als konservative Geistesarbeiter beschreibt. Lohnt die intellektuelle Auseinandersetzung?

Weiß: An der Positionierung als Geistesarbeiter ist ein großer Teil Inszenierung. Ich sehe in Götz Kubitschek einen politischen Aktivisten, keinen Intellektuellen. Seine geistige Leistung besteht letztendlich in der Wiedergabe von bereits Gedachtem. Die Selbstverortung "konservativ" führt ebenfalls in die Irre. Der Konservatismus in der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg schließt an die Tradition an, wie sie etwa die Zentrumspartei der Weimarer Republik vertrat. Wenn es um den autoritären Strang vor 1945 geht, der der Republik feindlich gegenüberstand und sich nach einem Führer sehnte - in dem Sinne kann die Neue Rechte sich meinetwegen gerne konservativ nennen. Nur hat das mit dem, was wir heute unter dem Begriff verstehen, nichts mehr zu tun und ist mit der Demokratie nicht vereinbar. Um das benennen zu können, muss man sich aber wohl oder übel mit den Inhalten befassen.

SPIEGEL ONLINE: Sie sprechen von einem "Ausgreifen in faschistisches Gelände". Was ist an dieser Bewegung faschistisch?

Weiß: Zum Beispiel die Texte, die in Kubitscheks Antainos-Verlag erscheinen. Dort findet man aufschlussreiche historische Referenzen. In einer jüngeren Publikation wird dezidiert von der "Herrschaft der Minderwertigen" gesprochen. Damit ist die Demokratie gemeint. Die Formulierung geht zurück auf Edgar Julius Jung, der gehört wie Oswald Spengler, Ernst Jünger und Carl Schmitt zu den Leuten, die sich in den Dreißigerjahren zum italienischen Faschismus hin orientiert haben. In ihrer Begeisterung für die heutige italienische Casa-Pound-Bewegung, die sich selbst als "Faschisten des 3. Jahrtausends" sieht, tritt diese Disposition ganz offen zutage. Auch die Besessenheit von Niedergang, Reinigung und Wiedergeburt der Nation sind Indikatoren für diese Ausrichtung.

SPIEGEL ONLINE: Es gibt Verbindungen von Schnellroda zu Pegida und der AfD, aber auch zur französischen Rechten und zur "Identitären Bewegung" in Österreich. Was verbindet die europäische Neue Rechte?

Weiß: Alle Fraktionen sind Teil der europäischen Gegenaufklärung und sehen ihren Aktivismus in ein überhistorisches Schicksal eingekleidet: einen Kulturkampf gegen den Individualismus, die liberalen westlichen Werte, gegen den Universalismus. Man möchte ein Europa der starken Einzelnationen. Damit einher geht die Feindschaft gegenüber den europäischen Institutionen. Einig ist man sich außerdem in der Ablehnung von Einwanderung.

Der Rechtspopulist Götz Kubitschek
DPA
Der Rechtspopulist Götz Kubitschek
SPIEGEL ONLINE: Anti-Islam-Rhetorik spielt keine zentrale Rolle?

Volker Weiß: Selbst bei Pegida gab es eine relativ schnelle Abkehr vom Feindbild Islam. Die geschulten Ideologen sagen das schon immer. Der Autor Alain de Benoist, einer der Vordenker der europäischen Rechten, sieht den großen Feind in den USA, im politischen Islam hingegen einen Waffenbruder. In der rechten Zeitschrift "Compact" war ein Beitrag des ehemaligen NPD-Mannes Thor von Waldstein zu lesen, heute ein Mitstreiter von Kubitschek. Waldstein insistiert auf den positiven Leistungen des Islam. Der Islamismus gilt der Neuen Rechten als heroische Kriegerkultur, die sich gegen Fremdeinflüsse hermetisch abschottet und durch Zwang eine strikte Ordnung und Form nach innen wahrt. Aus den gleichen Gründen lehnt man den Amerikanismus als formlos, liberal und in vielen Fällen sogar als marxistisch ab, was nun völliger Unfug ist.

Asoziales Netzwerk - Sektion Mittelrhein hat gesagt…

SPIEGEL ONLINE: Bei allen Kontinuitäten unterscheidet sich die Ideologie der Neuen Rechten aber auch von den Vorläufern, die Sie zitieren. Die Idee des Ethnopluralismus ist neu: Es geht nicht mehr darum, den anderen zu verfolgen, aber die Vermischung der Kulturen soll verhindert werden. Bleibt dadurch nicht der Vernichtungswille, der den Nationalsozialismus bestimmt hat, aus der Ideologie ausgeschlossen?

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Weiß: Ich kaufe denen das keine Sekunde ab. Der sogenannte Ethnopluralismus, seit den Siebzigerjahren ein Thema, ist eine Art romantisches Völkerpanorama, über das man sich in den eigenen Reihen lustig macht - jedes Völkchen hat sein Räumchen. Es gibt in dieser Bewegung zwei außenpolitische Konzepte: Den Ethnopluralismus und die Großraumkonzeption, wie sie Carl Schmitt entworfen hat. Schmitt konstruiert eine hegemoniale Macht, die ihre Satellitenstaaten im Griff hat und zu dominieren vermag. Beide Konzepte schließen einander aus. Bevölkerungen, Sprachen und Kulturen mischen sich, das lässt sich, wenn überhaupt, nur mit Gewalt verhindern. Das weiß die Neue Rechte auch. Am Ende geht es doch um die Machtfrage. Die lässt sich aber mit dem Ethnopluralismus nicht lösen.

Pegida-Anhänger demonstrieren z in Dresden
DPA
Pegida-Anhänger demonstrieren z in Dresden
SPIEGEL ONLINE: Sie sprechen selbst von einer "diffusen weltanschaulichen Mischung". Wo etwa das zu verteidigende Abendland gerade verortet werden soll, ist noch unklar. Russland beispielsweise wird in diesem Diskurs eine Wächterrolle für ein befreites Europa zugedacht. Ist das nicht ein Bruch mit der eigenen Tradition?

Weiß: Jein. Der Begriff des Abendlandes ist immer schon ein Kampfbegriff gewesen, der flexibel gehandhabt wurde. Anfangs zielte er auf die Rückbesinnung auf ein katholisches Europa. Im 20. Jahrhundert wird "das Abendland" zu einem antikommunistischen Kampfbegriff. Seine aktuelle Wiederbelebung mit positiver Bezugnahme auf Putins Russland ist absurd, würde man diesen Begriff wirklich ernst nehmen. Da er aber an sich bereits völlig willkürlich angelegt ist, kann man ihn offenbar auch so definieren. Der Bruch ist nur insofern da, als die NS-Propaganda vom "slawischen Untermenschen" zurzeit keine Rolle zu spielen scheint.

SPIEGEL ONLINE: Warum fokussieren Sie sich so sehr auf die Geschichte der Bewegung, wenn der Bezug auf die Tradition doch recht willkürlich erscheint?

Weiß: Es ist in diesem Falle sehr, sehr wichtig, klar aufzuweisen, woher dieses Denken kommt. Und so lässt sich vermeiden, dass man der Selbstinszenierung auf den Leim geht.

SPIEGEL ONLINE: Die Schnellroda-Homestory gab es in der "FAZ", der "Welt", der "taz" und auch im SPIEGEL. Warum auf einmal die große Medienresonanz?

Weiß: Vielleicht fasziniert die Ästhetik. Die Selbstinszenierung ist Ernst Jünger und ähnlichen Autoren entlehnt. Ganz wichtig ist der Begriff der Haltung, auch im Sinne von Formalität. Man gibt sich in Schnellroda bewusst nicht leger. Das geht so weit, dass Kubitschek und seine Gattin Ellen Kositza sich siezen - wobei ich das eher für ein Spiel mit der Presse halte. Wichtig ist auch das Motiv des Bekenntnisses: Man outet sich als rechts und legt die bürgerliche Hülle ab. Das wird als eine Art Wiedergeburt beschrieben. Und man findet den klassischen Heroismus, das Ideal des Ritterlichen, die Betonung von klaren, traditionellen Rollenzuschreibungen.

Marine Le Pen
REUTERS
Marine Le Pen
SPIEGEL ONLINE: Wie kann man journalistisch über die Neue Rechte schreiben, ohne sie zu überhöhen oder zu verharmlosen?

Asoziales Netzwerk - Sektion Mittelrhein hat gesagt…

Weiß: Eine Gratwanderung. Die Botschaft transportiert man immer mit. Man kann aber darauf achten, dass man die Inszenierungen der Neuen Rechten nicht einfach reproduziert.

SPIEGEL ONLINE: Was empfiehlt nun der Historiker? Sollte man die diskursive Auseinandersetzung mit der Neuen Rechten suchen?

Weiß: Man sollte einfach wissen, mit wem man es zu tun hat, damit man widersprechen kann, wenn sie sich als harmlos oder als einsame Wölfe verkaufen. Dass diese Leute in irgendeiner Art und Weise ausgeschlossen seien, stimmt nicht und ist auch wieder Teil von deren Selbstinszenierung. Sie werden weder verfolgt, noch werden ihre Publikationen unterdrückt. Sie verfügen über ein eigenes, inzwischen sehr gewachsenes Netz von Kommunikationskanälen. Abgesehen davon sind die Protagonisten der Neuen Rechten überhaupt nicht auseinandersetzungsfreudig, sondern haben genauso ihre Tabus, Denk- und Sprechverbote wie alle anderen.

SPIEGEL ONLINE: Können Sie ein Beispiel nennen?

Weiß: Ein Konservativer hat auf einer Tagung in Schnellroda darauf hingewiesen, dass Deutschland nicht ganz unschuldig am Beginn des Zweiten Weltkrieges war. Der wurde ausgelacht, mit dem Hinweis, er wisse wohl nicht, wo er gerade sei. Und so eine Szene kann man in den Publikationen dieser Leute nachlesen, die ist dokumentiert. Man kann also Kubitschek mit Kubitschek, der gegenüber der Presse mehr und mehr Kreide frisst, widerlegen. Dazu muss man ihn aber gelesen haben.

Thomas Mertens hat gesagt…

Danke Teutel :)

Asoziales Netzwerk - Sektion Mittelrhein hat gesagt…

Büdde Büdde :D

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