Via Marcus Kranawetter Marcus Kranawetter

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Originally shared by Duraid “Meh.” Issa

Vor allem der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt ist prominenter Wortführer dieser politischen Diskursverschiebung. Seit 2007 steht der Duisburger Polizist, der gleichzeitig CDU- und CSU-Mitglied ist, der Gewerkschaft vor. Schon kurz nach seiner Wahl zum DPolG-Vorsitzenden bezeichnete er die KlägerInnen gegen das BKA-Gesetz abfällig als »Karlsruhe-Touristen«. Das Gesetz wurde später vor dem Bundesverfassungsgericht in großen Teilen als verfassungswidrig eingestuft und der Begriff landete 2008 auf der Liste der Unwörter des Jahres – die Jury attestierte ihm ein »bedenkliches Verständnis der Grundrechte.« Auch weitere öffentliche Positionierungen Wendts werden aus anderen Teilen des Polizeiapparates kritisiert. Als er im Zuge der großen Fluchtbewegungen von 2015 einen Zaun zwischen Österreich und Deutschland forderte, lehnte der GdP-Vorsitzende Jörg Radek diesen Vorschlag ab und sprach von einem »gefährlichen Spiel mit dem Feuer«, das die »Krawallstimmung der Rechten« noch anheize.

Wer Wendt vor diesem Hintergrund nur als einen üblichen Vertreter einer Law&Order-Politik begreift, verkennt seine politische Rolle in der Öffentlichkeit. Eine nähere Auseinandersetzung mit seiner Rhetorik zeigt, dass er zunehmend Begriffe und den Sprachjargon neu-rechter AkteurInnen übernimmt und im Gegenzug von deren AnhängerInnen breit rezipiert wird. Schon früh war der DPolG-Vorsitzende ein gern gesehener Interviewpartner neu-rechter Organe wie zum Beispiel der Wochenzeitung »Junge Freiheit«, die regelmäßig über seine öffentlichen Interventionen berichtet. Im Gespräch mit dem extrem rechten und verschwörungsideologischen »Compact«-Magazin sprach Wendt 2015 davon, dass die »Machokultur« und die damit einhergehende Abwertung von Frauen durch junge Muslime, »fast zu den genetischen Grundbausteinen dieser Kultur« gehöre. Eine Parallele in der Argumentation der »Neuen Rechten«: Diese arbeitet seit Jahren daran, den Begriff »Rasse« durch »Kultur« zu ersetzen, um dadurch ihrem ethnopluralistischen Projekt zu mehr gesellschaftlicher Akzeptanz zu verhelfen. Wendt gelang es, sich durch das Wort »fast« nicht zu einer eindeutigen Beurteilung des Islams hinreißen zu lassen und dennoch als Vertreter einer großen Polizeigewerkschaft zugleich den neurechten Diskurs zu bestärken, indem er Biologie, Religionszugehörigkeit und Kultur in einen Zusammenhang rückte. Schon Theodor W. Adorno sagte in Bezug auf solche Diskursverschiebungen: »Das vornehme Wort Kultur tritt anstelle des verpönten Ausdrucks Rasse, bleibt aber ein bloßes Deckbild für den brutalen Herrschaftsanspruch.«
https://www.der-rechte-rand.de/archive/3174/blaue-polizei-gewerkschaft/

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